Fabula Helvetica

(rev. 12.08.2024)

Helvetische Erzählung

– Fundament Schweizerischer Geschichte – 

Vorwort zum Aufsatz über Helvetien.

Vermutlich werden viele Fragen; Was hat ein Beitrag zur Schwei-zerischen Geschichte mit einem Segelblog zu tun?  Die Antwort ist relativ einfach; Die MSY Blue Whale segelt unter CH-Flagge und man soll das Land ehren wo der Anker sich ein-gräbt resp. wo sich die Lebenswurzeln räkeln. In der Hoffnung, dass die Web-seite auch von „Ausserirdischen“ gele-sen wird, dürfte das kurzen CH-Profil mit etwas Geschichte gewürzt und den Finalen Gedicht, mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zur Völkerverständigung beitragen. Das historische „Gedicht“ am Ende des Beitrags ist als finalen Paukenschlag gedacht. Touch!

Identifikationsfigur

Mein Geburtsland weist keinerlei Bezug zur Schweiz auf, jedoch sind gewisse Parallelitäten augenfällig. Gemein ist, dass in der Antike beide Volksgruppen versuchten ihre Lebensbedingungen mittels Wanderschaft zum besseren zu wenden. Eintracht und Tradition halfen im „dunklen Zeitalter“ die Integrität zu festigen. Kleine Volksgruppen, wie die Helvetier und Magyaren, wurden zum Spielball der Großmächte. Ihren Grundwerten treu bleibend und den Freiheitskampf trotz hohem Blutzoll unbeirrt folgend, führte letztendlich zum Erfolg. Der Aufstieg als freie europäische Nati-onen war gesichert und verbrieft.

Reihenfolge des Eintritt der Kantone in den Bund

Geschichtliche Fakten können langweilen, hingegen ist diese Epo-che der Helvetier fundamental. Ich bin überzeugt, dass auch die-se Fakts zum allgemeinen Wissensstand gehören müssten, da sie nachweislich zur heutigen Schweiz beigetrugen.
Was war denn von solcher Bedeutung resp. Tragweite? Im nach-stehenden Beitrag sind die tragischen Ereignisse aufgeführt wel-che erst zwei Jahrtausende später in einem bemerkenswerten Gedicht manifestiert wurde. Das Werk beschreibt die Vision des keltischen Adeligen Orgetorix (Der König der Totschläger), ver-mutlich erster umstrittener, verratener Held der Helvetier. Das Gedicht musste in der Primarschule unter viel Mühe auswendig gelernt werden. Wer die geschichtlichen Fakten vorher nachliest, wird der Inhalt des Gedichtes eher faszinieren.Für Interessierte; Alle rot markierten Ausdrücke und Begriffe sind mit WEB-Links versehen!

Die Kelten (Klick zum Lesen)

Vorgeschichtliches bis zur römischen Herrschaftszeit

Das Gebiet der heutigen Schweiz ist seit der Altsteinzeit (Paläolithikum) besiedelt. In der Früh-Eisenzeit ca. 800 BC. entstanden die ersten Pfahlbau-Siedlungen um die Seen. In dieser Periode (Hallstatt-Zeit genannt) wandern keltischen Volksstämme in ganz Mitteleuropa ein.

Ein Stamm, Helvetier genannt, ließ sich auf dem Gebiet der heutigen Schweiz nieder und vermischt sich mit der dort an-sässigen Bevölkerung. Sprache, Bräuche und Glaubenskult wurden von den Kelten geprägt. Besseren klimatischen Be-dingungen während der zweiten Eisenzeit-Periode (500 BC. bis ca. 100 AC.) wie auch Innovationen in der Landwirtschaft trugen zur starken Bevölkerungszunahme bei. Die keltischen Stämme (lat. „Gallier„), wurden von der römischen Expan-sionspolitik, nach und nach in ihr Territorium eingegliedert.

Die Keltischen Stämme

Orgetorix & Gallus Julius Caesar
Um das Jahr 70 BC. werden die gallischen Helvetier zum ersten Mal in der Geschichte erwähnt. Durch die Zunahme der Bevölkerung und die geografische Begrenzung des Sied-lungsgebietes wollte man ins westliche Gallien (Bretagne) auswandern. Der Anführer, Orgetorix (keltisch; Der König der Totschläger) war (61 BC.) ein bedeutender und reicher Adliger des Stammes der Helvetier. Er wollte nicht nur An-führer sein sondern auch König werden! Durch Aufwiegelung und Bündnis der benachbarten keltischen Stämme sollte der Weg nach Westen durch das römisches Gallien sichergestellt werden. Das streben nach der Krone wurde Orgetorix zum Verhängnis. Aufgedeckt und abgeurteilt beging er vermutlich in der Folge Selbstmord († 60 BC.). Die Saat nach Freiheit und Selbstbestimmung war gesät.

In Jahre 58 BC. zogen die Helvetier dennoch aus. Sie unter-nahmen diesen Schritt wohl nicht nur aufgrund des Plans des Orgetorix, sondern wegen des Drucks von links des Rheins. Die Expansion der dort siedelnden germanischen Stämme, der Alemannen, wurde immer spürbarer. Der Exodus der Helvetier, angeführt von Ariovis, wurde von Feldherr Julius Ceasar vereitelt. Die Helvetier wurden bei Bibracte von den Römischen Legionen Caesar geschlagen und die Überleben-den wieder in ihre Heimat zurückgeschickt.

Caesar hielt die geschichtlichen Ereignisse (aus seiner Sicht der Dinge) in seinem zweiten Band der Reihe „Bello Gallico“ fest. Fast zwei Jahrtausende später wurde die Geschichte von Orgetorix in einem Gedicht des Schweizer Schriftsteller Alfred Hartmann um 1883 wieder zum Leben erweckt. Das Gedicht wurde in den 60er Jahren Bestandteil des Deutsch-unterrichts, welches z.T. mit viel Mühe auswendig gelernt werden musste.

Und nun nachstehend das Gedicht des Orgetorix in zwei Teilen!

Gedicht des Orgetorix - Die Verschwörung -

Orgetorix „Die Verschwörung“

Es standen im Ring auf grasiger Au
Helvetiens Mannen aus jeglichem Gau,
die Mannen vom ganzen Land;
sie standen beisammen in Waffen und Wehr,
die wuchtige Keule, den spitzigen Speer,
die hatte jeder zur Hand.

Und mitten im Ringe flammenden Blicks,
da stand der Häuptling Orgetorix.

und sprach mit beredtem Mund:
»Was weilen wir hier im kargen Tal?
Was bauen wir Hütten auf schwankem Pfahl?
Hört, was ich euch rate zur Stund’!

Wir stecken die morschen Hütten in Brand;
wir ziehen hinunter ins gallische Land;
wir ziehen mit Weib und Kind.
Wer trotzt wohl unserer Keulen Wucht?
Wir jagen die Memmen in die Flucht,
wie die Spreu des Kornes der Wind.

Wo die Traube reift, wo die Mandeln blüht,
wo des Mädchens schwarzbraunes Auge glüht,
wo nimmer die Schneeflocke fällt, –
Helvetiens Mannen, dahin, dahin,
in die gallischen Lande laßt uns ziehn!
Dem Starken gehört die Welt!«

Die trotzigen Mannen jubelten wild,
und jeder schlug mit dem Schwert an den Schild,
daß es laut am Fels widerhallt’!
Der Kriegszug ward beschlossen im Ring;
ein Rauschen wie Geisterflüstern ging
durch die heiligen Eichen im Wald.

»Zwei volle Jahre geb‘ ich euch Frist,
bis alles zur Reise bereitet ist;
zwei Jahre noch wollen wir harren.
Zwei volle Jahre noch habt ihr Zeit,
zu bauen das Korn, zu wirken das Kleid,
ans Joch zu gewöhnen die Farren.

Und ist dann alles zur Fahrt bestellt,
so stürzen wir jäh auf das gallische Feld
wie der Strom, der den Damm gebrochen,
wie die Lawine jäh zu Tale geht,
wenn der Südsturm über den Gletscher weht.«
So hatte der Häuptling gesprochen.

Gedicht des Orgetorix - Der Verrat -

Orgetorix „Der Verrat“

Und wiederum standen die Mannen im Ring,
berufen, zu halten ein Blutgeding,
ein Ding auf Leben und Sterben.
Und wiederum stand Orgetorix
in Ringes Mitte finsteren Blicks;
es ging um Leben und Sterben.

»Und glaubt ihr mich schuldig, was mir so fern,
ich woll‘ mich erschwingen zu eurem Herrn
und woll‘ euch machen zu Knechten;
und liehet ihr dem Verleumder das Ohr,
und wenn ich euer Vertrauen verlor,
so will ich mit euch nicht rechten.

Zieht ohne mich fort ins gallische Land,
den Rhodan hinunter zum Meeresstrand;
ein anderer mag euch weisen.
Doch dass ihr mit Unrecht mir gegrollt
und dass ich euch nimmer verraten wollt‘,
das soll mein Blut euch beweisen…«

Und stiess sich das eherne Schwert ins Herz;
er fiel in den Sand mit stummem Schmerz –
wo fändet ihr seinesgleichen?
Und schweigend auseinander ging der Ring,
berufen zum Blutgeding;
es bebten die heiligen Eichen.

Der Schriftsteller Alfred Hartmann

Der Schweizer Schriftsteller
Alfred Hartmann
(1814 – 1897)
war Herausgeber der humoristischen Zeitschrift ‚Postheiri‘

Quelle des Gedichts:
Aus dem Zürcher Lesebuch für das fünfte Schuljahr+
7. unveränderte Auflage 1961

Um den geschichtlichen Bilderbogen zu vervollständigen, erlaube ich mir, unter den nachstehenden Titeln die noch restlichen, wichtigen Meilensteine der Schweizerischen Geschichte aufzuführen.

Die Helvetier und die Völkerwanderung

Karte der Völkerwanderung

Während der Völkerwanderungen aus Osten (ca. 375 AC.) kam die eingesessene keltische Landbevölkerung stark unter Druck. Der über 200-jährige Frieden „Pax Romana“ bröckelte weil die Bedrohung nicht nur von den Hunnen im Norden sondern auch durch die im Süden aufziehenden Langobarden zunahm. Der Untergang des weströmischen Reiches wurde durch die innerpolitischen Machtkämpfe und Bürgerkriege beschleunigt bis das Reich im 5. Jahrhundert endgültig kol-labierte. Jetzt kam den Helvetiern ihre geographische Lage zum Tragen und so konnten sie sich während dieser Epoche behaupten.

Das Siedlungsgebiet der Alemannen

Vermutlich profitierten sie auch von ihren barbarischen, legen-dären Kampfeslust. Die Römer hatten sie gelehrt sich zu arran-gieren, was in der Folge zum Vorteil genutzt werden konnte. So wurde in weiten Gebieten des helvetischen Nordostens mit den germanischen Stämmen, anfangs mit den Alemannen und später mit den Schwaben, kooperiert. Ein Relikt aus dieser Zeit; Der alemannische Dialekt dominiert noch heute die ostschweizerische Sprache. Zeitgleich mit dem Rückzug der Römer breitete sich in entgegengesetzter Richtung der christliche Glauben aus und verdrängte die angestammten Götter und Opferkulte. Von nun an wurde die Geschichte durch die Dominanz von selbsternannten Fürsten und den Klöstern geschrieben. Es sollte das fast 1000-jährige „dunkle Zeitalter“ der Kriege, Hungersnöte und Säuchen beginnen. Die Auswüchse der Unterdrückung durch das System der Lehenspyramide im Heiligen Römisches Reich bestimmten fortan die mittelalterliche Gesellschaftsordnung.

Aus den Helvetiern werden Schweizer

Karte des Frankenreichs ca. 750 AC.

Den meisten Blog-Lesern werden die historischen Ereignisse, welche schlussendlich zum heutigen Staatsgefüge, der „Schweizerischen Eidgenossenschaft“ geführt haben, geläufig sein, darum nur ein kurzer Abriss der geschichtlichen Mei-lensteine mit Schlagwörtern;

300 – 500 Entstehung des Oströmischen Reiches mit Hauptort Konstantinopel und Niedergang des Weströmischen Reiches
500 – 700 Das Vakuum im Westen wird durch die Herrschaft der Frankenkönige ausgefüllt
750 – 1400 Das finstere Mittelalter beginnt, Fundamentalisten stützen sich auf Bibeltexte, daraus resultiert eine menschen verachtende und brutale Lebensart, Feudalherrschaften, Klöster, Christianisierung, diese Zeitspanne weist auch Erholungsphasen mit Kulturschaffen auf.
1291 In diese Zeit fällt die Gründung der alten Eidgenossenschaft, welches als loses Zweckbündnis von Talgemeinschaften der Zentralschweiz getragen wird, begünstigt durch die Rivalitäten zwischen Papst, Kaiser und Fürsten wegen Gebietserweiterungen
1315 Sieg in der Schlacht bei Morgarten gegen Habsburg
1386 Schlacht bei Sempach, Arnold von Winkelried beschert als Held den Sieg gegen die Habsburger
1474 – 1477 Die Eidgenossen dienen in den Burgunderkriegen als Reisläufer (Söldner), sie finden als begehrte Krieger Anstellung und können der Armut im Land entfliehen
1499 Deklaration der völligen Unabhängigkeit (8 Kantone)
1500  Aufklärungszeit, Lichtblicke des biblisch, jüdisch-christlichen Menschenbildes gewinnen Einfluss und bildet die Grundlage für eine Humane & brüderliche Gesellschaft
1515 Niederlage in der Schlacht bei Marignano gegen Frankreich, Ende der territorialen Expansion
1516 Der „Ewigen Frieden mit Frankreich“ zementiert Gebietsansprüche der Eidgenossenschaft und regelt das Aushebungsverfahren von Söldner für den Dienst im französischen Heer bis zur Revolution 1789
1523 – 1536 Die Reformation (1523 Zwingli, Zürich – 1536 Calvin, Genf) war eine Zerreissprobe der jungen Eidgenossenschaft. Die Aufklärung und Kritik am Absolutismus (Ancien Régime) kam in der Schweiz gut an.
1648 Austritt aus dem Deutschen Reich (Ende des 30-jährigen Krieges), Unabhängigkeitserklärung
1798 Gründung der Helvetischen Republik, Rückbesinnung auf die keltischen Vorfahren, Besetzung durch Napoleon
1803 Der französische Kaiser Napoleon diktierte der Schweiz unter dem Titel Mediation [Vermittlung] eine föderalistische Verfassung
1848 Nach etlichen Turbulenzen konnte die CH-Verfassung in Kraft treten. Stichworte; Bundesstaaten und Demokratie
1859 Die Schweizer Regimente in fremden Diensten werden bis auf die „Schweizer Garde“ beim Papst aufgelöst
1876 Henry Dunant gründet das (IKRK), Internationale Komitee vom Roten Kreuz, aufgrund Erlebnisse der Schlacht 1859 bei Solferino (It)
1891 (Heute wieder ein Thema) einführung der Volksinitiative & Abstimmung
1900 Gründungszeit der Industrialisierung, Ostschweiz, Textil- & Maschinenindustrie, im Norden (Basel) Chemie, West-CH Uhrenindustrie, später Banken mit Dienstleistung & Tourismus
1914 Neutralität im 1.Weltkrieg
1920 Beitritt zum Völkerbund, Neutralitätserklärung
1938 Anerkennung absolute Neutralität
1960 Mitglied Freihandelszone der EFTA
1971 Frauenstimmrecht wird eingeführt
1981 Verfassungsrechtliche Gleichberechtigung von Mann & Frau
1989 Abschaffung der Armee in Volksabstimmung abgelehnt
1992 Kein EWR Beitritt (später EU)

Bilderbogen aus verschiedenen Epochen der Schweizerischen Geschichte

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